Meinen Erläuterungen zu den verschiedenen Therapiekonzepten möchte ich ein paar allgemeine Worte voranstellen. Meine Absicht ist es, meine logopädische Arbeit transparent zu machen. Ich habe daher einige – jedoch bei weitem nicht alle – Therapiekonzepte, die in meiner Praxis in der Therapie mit sprachentwicklungsgestörten Kindern zur Anwendung kommen, kurz beschrieben. Dabei versuche ich vor allem die praktische Umsetzung dieser Therapiekonzepte nachvollziehbar zu machen und stelle die Aspekte heraus, die mir besonders wichtig erscheinen. Die umfangreichen theoretischen Hintergründe sind daher hier nicht dargestellt. Sollten Sie darüber hinaus zu meiner therapeutischen Vorgehensweise Fragen haben, können Sie mich gerne anrufen. Erfolgreiches Lernen gelingt nur auf der Basis einer vertrauensvollen und liebevollen Beziehung. Genauso wichtig wie ein fundiertes Therapiekonzept ist mir daher, die Bedingungen für positives Lernen zu optimieren, damit insbesondere Kinder gerne zur Therapie kommen und sich auch zu Hause nochmals mit den Lerninhalten beschäftigen möchten. Durch die umfangreiche Fortbildung zum IntraActPlus-Konzept nach JANSEN und STREIT habe ich meine Wahrnehmungen bezüglich der Lernbereitschaft von Kindern und dem Einfluss durch Bezugspersonen enorm verfeinern können. Dieses Wissen durchwebt meine tägliche Arbeit und ist sehr hilfreich, um insbesondere Kinder, die Lernschwierigkeiten haben, zu motivieren und Spaß am Lernen zu vermitteln. In meine logopädische Arbeit fließen immer wieder einzelne Elemente aus Fortbildungen und anderen Therapiekonzepten mit ein, wenn sich diese in der praktischen Anwendung im Therapiealltag bewährt haben. Ich integriere das, was sich als hilfreich erweist und was meine therapeutische Vorgehensweise sinnvoll ergänzt. Die nachfolgend beschriebenen Therapiekonzepte bilden jedoch den Grundstock meiner Arbeit, die individuell durch andere Elemente erweitert werden.
Dieses Therapiekonzept wurde zur Therapie von grammatischen Störungen entwickelt. Es geht also um das Erlernen korrekter Satzstrukturen und morphologischer Endungen. Mit Kontext ist die konkrete Lernsituation einer Therapiestunde gemeint. Diese wird hinsichtlich der jeweils zu erlernenden sprachlichen Struktur optimiert, damit das Kind den nächsten Entwicklungsschritt erwerben kann. Das Sprachmaterial wird entsprechend ausgewählt und in einer vorstrukturierten möglichst interaktiven Spielsituation vom Therapeuten besonders prägnant präsentiert. Durch verlangsamtes und betontes Sprechen des Therapeuten werden auch kleine morphologische Unterschiede wie „den“ und „dem“ bewusst gemacht. Dadurch wird die Aufmerksamkeit des Kindes auf die sprachliche Zielstruktur gelenkt und es kann diese besser wahrnehmen und verarbeiten. Je nach Alter des Kindes werden die zu erlernenden Strukturen auch bewusst besprochen und erklärt sowie metasprachliche Mittel eingesetzt und schriftsprachliche Fähigkeiten genutzt.
Dieses Konzept bietet eine wunderbare Ergänzung zum patholinguistischen Ansatz. Es gibt viele Übereinstimmungen zwischen beiden Ansätzen. Dazu gehört zum Beispiel die Methode des Bewusstmachens von sprachlichen Strukturen über Bilder oder räumliche Elemente (Metasprache). Auch die Konzentration auf die Zielstruktur gehört hierzu (Inputspezifizierung). Daher kombiniere ich diese beiden Konzepte in der Therapie von Grammatikstörungen und habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Die interaktive Einbettung der Übungen macht den Kindern zudem viel Spaß.
Die Logopädin ANITA KITTEL entwickelte für Deutschland die aus den USA stammende Therapiemethode der Myofunktionellen Therapie nach D. GARLINER weiter. Hierbei geht es um die Korrektur eines falschen Schluckmusters. Die Zunge presst dabei beim Schlucken gegen oder zwischen die Zähne. Das Konzept umfasst Übungen zum Ausgleich des gestörten Muskelgleichgewichtes der Lippen und Zungenmuskulatur sowie Übungen zum systematischen Aufbau eines physiologischen Schluckens. Falls notwendig, werden auch Übungen zur Verbesserung der Körperhaltung und Körperwahrnehmung mit in die Therapie aufgenommen. Viele der angebotenen Übungen müssen in einem häuslichen Training fortgeführt werden, um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen.
Ich mache seit vielen Jahren sehr gute Erfahrungen mit diesem Therapieansatz. Falls keine zusätzliche Artikulationsstörung vorlegt, kann mit diesem Konzept bereits innerhalb einer Therapieserie von zehn Einheiten ein stabiles neues Schluckmuster erreicht werden.
Dieses Therapiekonzept wurde zur Therapie von phonologisch bedingten Aussprachestörungen entwickelt. Hierbei handelt es sich um eine Störung der Wahrnehmung und Verarbeitung von Sprachlauten. Im Gegensatz dazu stehen phonetische Störungen, bei denen dem Kind die motorische Ausführung eines Lautes nicht möglich ist. Bei einer phonologischen Therapie stehen daher zunächst Übungen zur auditiven Lautunterscheidung im Vordergrund. Das Kind lernt den Ziellaut (z. Bsp. /k/) vom Ersatzlaut (/k/ wird in der Regel durch /t/ ersetzt) über systematische Übungen mit steigendem Schwierigkeitsgrad zu unterscheiden. Sobald der Laut sicher unterschieden werden kann, werden auch Übungen zur Aussprache durchgeführt.
Ich wende das Konzept von Frau Prof. Fox leicht abgewandelt an und mache damit sehr gute Erfahrungen. Die Übungen zur Lautdifferenzierung entsprechen dem obigen Konzept. Bei den Übungen zur Aussprache setze ich jedoch den zu übenden Laut nicht gleich in Kontrast zum Ersatzlaut, da dies meines Erachtens für viele Kinder verwirrend und zu schwierig ist. Erst wenn der neu erlernte Laut bereits in Silben gefestigt ist, fordere ich diesen Kontrast auf der Wortebene. Dazu greife ich auf das Minimalpaarkonzept zurück. Hierbei werden Wörter, die sich nur in einem Laut unterscheiden, gegenübergestellt. Dabei lernt das Kind, dass der neu erlernte Laut wichtig ist, um Bedeutungen zu unterscheiden und Missverständnisse zu vermeiden (Bsp.: Kopf –Topf, Tasse – Tasche)
Bei diesem Therapieansatz handelt es sich um einen entwicklungsorientierten sprachsystematischen Ansatz. Die Basis bildet eine differenzierte, inzwischen standardisierte, Sprachentwicklungsdiagnostik. Auf dieser Grundlage wird festgestellt, welches der nächste sprachliche Entwicklungsschritt ist, den das Kind erreichen soll. Es wird immer nur auf einer linguistischen Ebene (Wortschatz, Grammatik, Aussprache) gearbeitet. Die einzelnen Therapiestunden sind sehr stark strukturiert und genau geplant. Die Methoden, die dabei zum Einsatz kommen, sind verschiedene. Einen Schwerpunkt bildet die sogenannte Inputspezifizierung. Dabei wird dem Kind die zu erlernende sprachliche Struktur in sehr hochfrequenter, prägnanter und flexibler Form sprachlich präsentiert. Dies kann in Form einer Geschichte sein, die dem Kind vorgespielt oder vorgelesen wird (Inputsequenz) oder auch innerhalb eines gemeinsamen Spiels (interaktive Inputspezifizierung). Dies bewirkt, dass dem Kind diejenigen sprachlichen Formen besonders häufig angeboten werden, die es braucht, um den sprachlichen Entwicklungsprozess weiterzubringen. Diese, zuvor nur über das aktive Zuhören gespeicherten Strukturen, können dann über Übungen, in denen das Kind das Erlernte anwenden soll, gefestigt werden. Weitere Methoden sind Modellierung, Kontrastierungen und Metasprache.
Meine Fortbildungen zum patholinguistischen Ansatz sind diejenigen, die meine logopädische Arbeit auf den Ebenen Wortschatz und Grammatik am stärksten beeinflusst haben. Ich schätze an diesem Therapieansatz das systematische und an der normalen Sprachentwicklung orientierte Vorgehen sowie die klaren Zielformulierungen für die einzelnen Therapieschritte. Der Therapieansatz hat viele logopädische Methoden, die auch zuvor schon bestanden, kombiniert und systematisiert.
Es handelt sich um einen ganzheitlichen Therapieansatz, der auch andere Entwicklungsbereiche, wie die Spielentwicklung, einbezieht. Das Kind mit seiner Erlebniswelt steht im Mittelpunkt der Therapie. Es wird darin unterstützt, (Spiel-) Gegenstände zu entdecken und zu erforschen und darüber mit seiner Umwelt in Beziehung zu treten. Dabei wird es angeregt, seine Erfahrungen mitzuteilen und so die Funktion der Sprache zu entdecken. Viele Kinder mit Sprachentwicklungsproblemen können noch nicht oder nur sehr eingeschränkt symbolisch spielen (z.B. einen Teddy füttern, eine gedachte Verletzung verarzten usw.). Dieses „so tun als ob “- Spiel ist aber enorm wichtig für die Sprachentwicklung, da es sich bei der Sprache ebenfalls um ein Symbolsystem handelt. Jedes Wort steht für eine Erfahrung in der Welt. Sprache ist notwendig, weil ich nicht alleine bin in der Welt und mein Wohlbefinden davon abhängig ist, dass ich meine Erfahrungen und Bedürfnisse anderen mitteilen kann. Das geht nur über ein sprachliches System. Dieses soll das Kind entdecken.
Meine Erfahrungen mit diesem Therapiekonzept insbesondere für Kinder, die erst wenige Worte sprechen, sind sehr gut. Ich erlebe dabei häufig, wie die Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer beim Spielen zunimmt. Die Kinder reagieren aufmerksamer auf Sprache und werden sprechfreudiger. Das Sprachverständnis wird durch die interaktive Spielsituation enorm gefördert und die Spielentwicklung geht deutlich voran. Häufig erzählen mir die Eltern, dass ihre Kinder nicht nur mehr sprechen, sondern auch erstmals länger und auch mal alleine spielen können. Inzwischen kombiniere ich häufig das Zollinger -Konzept mit interaktiver Inputspezifizierung, indem ich in meiner Sprache bestimmte sprachliche Strukturen, die für den nächsten Sprachentwicklungsschritt wichtig sind, gehäuft anbiete.
CHARLES VAN RIPER war selbst Stotterer und entwickelte dieses Therapiekonzept, nachdem er selbst bereits viele, meist erfolglose Therapien, absolviert hatte. Die Stottertherapie nach VAN RIPER gehört zu den sogenannten non-avoidance-Ansätzen. Stottern soll nicht vermieden werden, sondern eine kontrollierte Stotterreaktion am einzelnen Stottergeschehen erlernt werden. Im Gegensatz dazu wird bei den fluency shaping-Ansätzen das gesamte Sprechen verändert.
Am Anfang der Therapie steht das Wahrnehmen und Beschreiben der Stottersymptome (Identifikation). Die wichtigsten charakteristischen Muster des eigenen Stottergeschehens werden gemeinsam herausgearbeitet. Dazu gehört auch die Wahrnehmung des Vermeidens von Sprechsituationen oder bestimmten Wörtern. Außerdem werden die Gedanken in Verbindung mit Sprechen und Stottern, die das eigene Selbstbild prägen, bewusst gemacht und hinterfragt. In der nächsten Phase (Desensibilisierung) erfolgt eine Art Abhärtung gegenüber den meist Angst auslösenden Stotterreaktionen. Hier steht nicht die Veränderung des Stotterns, sondern die Reduzierung von Angst- und Vermeideverhalten im Vordergrund. Denn erst, wenn das Stottern ohne allzu starke Angstreaktionen erlebt werden kann, ist die Voraussetzung für die Veränderung des einzelnen Stotterereignisses geschaffen. Dann kann in die Modifikationsphase eingestiegen werden. Jetzt wird am Stottern direkt gearbeitet. Stottersymptome werden variiert und schließlich eine glatte Stotterreaktion, der "pull out", erlernt. In der Stabilisierungsphase wird weiterhin an einer Zunahme der Sprechflüssigkeit gearbeitet. Hier vergrößern sich in der Regel die Abstände zwischen den Therapieeinheiten.
Ein großer Teil der Therapie findet in echten Kommunikationssituationen statt ("In-Vivo" Arbeit). Viele Aufgaben müssen selbstverantwortlich durchgeführt werden und erfordern viel Mut und Durchhaltevermögen. Sehr unterstützend kann dabei der Kontakt zur Stottererselbsthilfe sein. Hier gibt es die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und an den unterschiedlichsten Aktivitäten teilzunehmen.
Das Therapiekonzept von Zvi Penner besteht aus einer festgelegten Reihenfolge strukturierter Therapie- bzw- Förderbausteinen. Es wurde nicht nur für die therapeutische Praxis, sondern auch zur Durchführung in Kindergärten insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund entwickelt. Mit dem Therapiekonzept wurde zugleich das Therapiematerial angeboten, welches über die Firma Kon-Lab vermarktet wird. Das Förderprogramm wird in Kindergärten in der Regel durch Erzieherinnen, die eine entsprechende Fortbildung besucht haben, in der Gruppe durchgeführt. Diese unspezifische Förderung kann niemals eine Sprachtherapie ersetzen, da auf die individuellen Bedürfnisse eines Kindes mit einer Sprachentwicklungsstörung dabei nicht eingegangen wird.
Der theoretische Hintergrund des Konzeptes betont die Bedeutung prosodischer Elemente in der Sprachentwicklung, weshalb der Therapiebereich Prosodie besonders berücksichtigt wird. In meiner Praxis steht das gesamte Material der Grundmodule zur Verfügung. Ich selbst setze aber immer nur Teile daraus ein und führe niemals das gesamte Programm durch. Zur Anwendung kommen die Elemente zur Pluralmorphologie und, je nach Alter des Kindes, das Computerlernprogramm zum Satzbau sowie die Satzbauschiene. Die Methodik besteht in vorgegebenen Inputsequenzen und Übungen.