Die ersten Wörter sprechen Kinder etwa um den ersten Geburtstag. Dazu gehören auch Lautmalereien wie „wau-wau“ für Hund oder noch lautlich unvollständige Wörter wie „ba“ für Ball. Zunächst lernt ein Kind nur langsam neue Wörter dazu. Ab etwa dem achtzehnten Lebensmonat wächst die Anzahl der neu benutzten Wörter normalerweise wesentlich schneller an. Man nennt dies Wortschatzspurt. Durch die rasche Zunahme der vom Kind gesprochenen Wörter werden dann die ersten Zweiwortäußerungen (z.B.: „Mama hoch“, „da Ball“) ausgelöst, die spätestens mit dem zweiten Geburtstag zu beobachten sind.
Ein Risikokriterium für eine Störung in der Sprachentwicklung ist ein verzögerter Sprechbeginn. Etwa 15 % aller Kinder, die ansonsten altersgemäß entwickelt sind, sprechen deutlich später als andere Kinder die ersten Wörter und lernen auch bis über ihren zweiten Geburtstag hinaus nur langsam neue Wörter hinzu. Sie können mit dem zweiten Geburtstag noch keine Zweiwortäußerungen bilden und benutzen weniger als 50 Wörter. In der Fachsprache spricht man von einem Late Talker (später Sprecher). Diese Kinder müssen keine Sprachentwicklungsstörung entwickeln, tragen jedoch ein hohes Risiko. Etwa 50 % der Late Talker holt seinen Sprachentwicklungsrückstand bis zum dritten Geburtstag auf. Man spricht in der Fachsprache bei diesen Kindern von Late Bloomern (Spätblüher). Die andere Hälfte zeigt eine nichtaltersgemäße Sprache, eine Sprachentwicklungsstörung (SES).
Da das Risiko einer Sprachentwicklungsstörung für Kinder mit einem verspäteten Sprechbeginn sehr hoch ist, rate ich nicht zum Abwarten. Ich erlebe immer wieder, dass Eltern sehr unter Druck geraten, wenn die Sprachentwicklung ihres Kindes nicht in Gang kommt. Unsicherheit im Umgang mit ihrem Kind, große Besorgnis und Schuldgefühle können sehr belastend sein.
Daher plädiere ich für eine frühe professionelle Elternberatung. Auf der Grundlage einer logopädischen Diagnostik, die neben dem Wortschatz auch erfasst, wie Ihr Kind nonverbal in Beziehung geht und Kontakt aufnimmt, möchte ich Sie als Eltern über den Stand der Sprachentwicklung informieren und Entwicklungschancen und Risiken erläutern. Zudem möchte ich die Basisfähigkeiten für die Sprachentwicklung bewusst machen. Diese positiven Ressourcen können besorgte Eltern oft nicht mehr an ihrem Kind wahrnehmen.
Ich biete eine professionelle Beratung anhand einer Eltern-Kind-Videoaufnahme an. Dabei spielen Sie mit Ihrem Kind in einer freien Spielsituation und schauen sich zusammen mit Ihrem Kind ein Bilderbuch an. Beim späteren gemeinsamen Betrachten dieser Aufnahme kann ich sehr schön zeigen, wo Sie positives und sprachförderndes Verhalten bereits intuitiv einsetzen und wie Ihr Kind darauf reagiert. Falls Sie als Eltern zunächst diese direkte Konfrontation noch scheuen, nehme ich auch gerne eine Spielsituation mit Ihrem Kind und mir auf, um diese dann später gemeinsam mit Ihnen zu besprechen.
Ziel dieser frühen Beratung und Anleitung ist es, Sie als Eltern zu befähigen, für Ihr Kind die Rahmenbedingungen für das Erlernen der Sprache oder, bei Zweisprachigkeit, der Sprachen zu optimieren.
Für diese logopädische Frühintervention sind nur wenige Therapieeinheiten notwendig. Meistens kommt in dieser Zeit die Sprachentwicklung bereits gut in Bewegung und die Eltern fühlen sich kompetenter und deutlich entlastet im Umgang mit den sprachlichen Schwierigkeiten ihres Kindes. Nur in Einzelfällen halte ich über die Elternberatung hinaus eine logopädische Therapie für notwendig.
Aber auch bei optimalen Rahmenbedingungen wird ein Teil der Late Talker seine sprachliche Verzögerung bis zum dritten Geburtstag nicht aufholen können. Daher ist eine weitere Beobachtung und genaue Erfassung der Sprachentwicklung mit ca. 36 Monaten sehr wichtig. Mir geht es darum, insbesondere Kinder mit einer schweren Sprachentwicklungsstörung früh zu erfassen. Diese Kinder sollten dann eine gezielte logopädische Therapie erhalten, damit sie die notwendigen sprachlichen Entwicklungsschritte schneller und ohne zusätzliche soziale Beeinträchtigungen bewältigen können.